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In diesem Arbeitspaket werden die mechanischen Belastbarkeiten von 3D-Druck Teilen für eine Kaffeemaschine untersucht. Dabei werden sowohl die mechanischen Eigenschaften eines unveränderten Bauteils als auch dessen Verhalten unter Einflüssen wie ''Wasser'', ''Temperatur'' oder ''Chemikalien'' betrachtet. | In diesem Arbeitspaket werden die mechanischen Belastbarkeiten von 3D-Druck Teilen für eine Kaffeemaschine untersucht. Dabei werden sowohl die mechanischen Eigenschaften eines unveränderten Bauteils als auch dessen Verhalten unter Einflüssen wie ''Wasser'', ''Temperatur'' oder ''Chemikalien'' betrachtet. | ||
Version vom 20. Juni 2025, 18:22 Uhr
Ziel und Hintergrund, Maximilian Wimmer, 20.06.2025
In diesem Arbeitspaket werden die mechanischen Belastbarkeiten von 3D-Druck Teilen für eine Kaffeemaschine untersucht. Dabei werden sowohl die mechanischen Eigenschaften eines unveränderten Bauteils als auch dessen Verhalten unter Einflüssen wie Wasser, Temperatur oder Chemikalien betrachtet.
Das Ziel dieses Themas ist es, eine realitätsbezogene Analyse der mechanischen Beständigkeit 3D-gedruckter Bauteile zu erstellen. Die gewonnen Erkenntnisse können zur Materialspezifizierung oder Optimierung der Konstruktion führen.
Versuchsaufbau
Ausgangspunkt: Unbehandelte Proben
Nach dem Drucken werden Laborversuche an der Zugprüfmaschine und der Schlagbiegeprüfmaschine an unbehandelten Bauteilen getestet, um diese mit den Werten des Herstellers zu vergleichen, hier ist anzumerken, dass in den Datenblättern von GreenTEC-Pro die Prüfungen mit Spritzgussteilen und nicht 3D-Druckteilen durchgeführt wurden. Ebenso dienen diese Proben als Referenz für spätere Prüfungen mit Einflüssen.
Einflussfaktoren
Anschließend werden die gleichen Versuche an Bauteilen mit Einflüssen, in diesem Fall Wasser in Arbeitspaket 4.1, Temperatur in Arbeitspaket 4.2 und Chemikalien in Arbeitspaket 4.3 durchgeführt und anschließend dokumentiert und analysiert.
Einfluss von Wasser
Der erste untersuchte Umwelteinfluss ist die Wirkung von Wasser. Hierbei wird experimentell was das Aussetzen von Wasser auf ein Bauteil über einen vorgeschriebenen Zeitraum für Wirkungen hat und wie sie dies auf seine mechanischen Eigenschaften auswirkt. Es wird ebenso überprüft, ob es zu geometrischen/optischen Veränderungen kommt.
Einfluss von Temperatur
Die Temperaturbeständigkeit spielt in einer Kaffeemaschine eine zentrale Rolle, hierbei werden folgende Punkte genauer betrachtet. Zuerst wird getestet, ob eine wiederholtes Erhitzen und abkühlen sich auf die Stabilität des Werkstoffes ausübt. Ebenso wird untersuchte wie sich die Festigkeit des Werkstoffes verhält einer definierten Temperaturen. Falls möglich werden die Temperaturbeständigkeit und Wasseraufnahme zusammen getestet, beispielsweise durch ein heißes Wasserbad, um eine realistisches Bild des Bauteilverhaltens in der Kaffeemaschine zu kriegen.
Einfluss von Chemikalien
Ein weiterer relevanter Einflussfaktor sind Chemikalien. Insbesondere Reinigungs- und Entkalkungschemikalien, die bei Kaffeemaschinen periodisch zum Einsatz kommen werden in Bezug auf Wirkung auf den Kunststoff untersucht. Hierfür wird das Bauteil über einen längeren Zeitraum in eine Lösung aus Wasser und Reinigungsmitteln gelegt. Anschließend wird es auf geometrische/optische Veränderungen überprüft. Zuletzt wird die Festigkeit analysiert, um mögliche Materialschäden oder Beeinträchtigungen der Festigkeit festzustellen.
Projektfortschritt
In den ersten Wochen wurde intensive Recherche betrieben. Zuerst wurde das Material GreenTEC-Pro genauer untersucht. Hierfür standen einige Datenblätter zu Verfügung, die einen guten Einblick in die verschiedenen Eigenschaften des Materials geben.
Auswahl der Festigkeitsprüfverfahren
Auch die geplanten Festigkeitsprüfungen wurden genauer betrachtet, insbesondere in den Punkten Durchführung und Grund ihrer Auswahl.
Zugversuch: zur Bestimmung von Zugfestigkeit und Elastizitätsmodul
Schlagbiegeversuch: zur Bewertung von Schlagzähigkeit unter plötzlicher Belastung
Vermutungen in Bezug auf Einflüsse
Eine Recherche der Einflüsse bei ähnlichen Kunststoffen wie PETG, lässt vermuten das die spezifischen Einflüsse folgende Resultate bringen werden:
Wasseraufnahme: Leichte Reduzierung der Festigkeit und Zähigkeit. GreenTEC-Pro wird als sehr Wasserresistent angeworben, weshalb nur geringe Änderungen zu vermuten sind.
Temperatur: Je höher die Temperatur steigt, desto stärker nehmen Steifigkeit und Layerhaftung ab. Speziell im Bereich der VICAT-grenze (160°C) ist mit einem deutlichen Verlust an Festigkeit und Formstabilität zu rechnen.
Chemikalien: Der Werkstoff ist laut Datenblatt insbesondere gegenüber starken Oxidationsmitteln wie Chlor anfällig. Bei der Exposition gegenüber solchen Chemikalien ist mit einer deutlichen Reduktion der Festigkeit sowie mit optischen Veränderungen (z.B. Verfärbungen, Mattierung der Oberfläche) zu rechnen.
Druck der ersten Prüfkörper
In dieser Phase wurden erste Prüfkörper für die anstehenden mechanischen Tests vorbereitet (gesliced), um sie anschließend Drucken zu können.
Die verwendeten Slicing-Parameter für die ersten Bauteile setzen sich aus 100% Infill mit geradlinigem Füllmuster, einer Layerhöhe von 0,1 mm und einer verwendeten Düsengröße von 0,4 mm bei dem Drucker Prusa MK4S zusammen.
Der Fokus zu diesem Zeitpunkt liegt auf reine Materialeigenschaften, Geometrieanpassung folgen ggf. in späteren Schritten.
Die zu erwartenden Festigkeitswerte orientieren sich an den Herstellerangaben im Datenblatt von GreenTEC-Pro. Aufgrund des verwendeten FDM-Druckverfahrens sowie typischer Abweichungen (z. B. durch Layeraufbau und Inhomogenität) wird mit leicht reduzierten Werten gerechnet, besonders in Bezug auf Zugfestigkeit und Schlagzähigkeit
Erste Laborversuche
Labor Einweisung und Drucken der Proben
Zu Beginn der ersten Laborwoche erfolgte eine Einweisung in die Laborvorschriften sowie in die Bedienung der Maschinen, mit denen der Festigkeitsnachweis durchgeführt wird. Ebenso wurden die Prüfproben mittels 3D-Druck gefertigt, jeweils sechs Stück für die Zug- und Schlagbiegeprüfung.
Zugprüfung
In der darauffolgenden Woche wurden die ersten Versuche durchgeführt. Ziel war es einerseits, die im Datenblatt angegebenen Materialeigenschaften zu verifizieren und andererseits eine Basis für weitere Versuche mit Einflüssen zu schaffen.
Die sechs Zugprüfungen verliefen ohne große Komplikationen und es kam zu den in [Bild 1] gezeigten Werten. Die eingezeichneten Daten in ein Spannungs-Dehnungsdiagramm finden sich in [Bild 2], sowie eine detaillierte Gegenüberstellung der Daten aus der Laborarbeit und dem Datenblatt in [Tabelle 1].
Tabelle 1:
| Parameter | Laborversuch | Datenblatt | Veränderung |
|---|---|---|---|
| E-Modull Et (MPa) | ~3829 | 4300 | ↓ ca. 12,3 % |
| Streckgrenze σy (MPa) | ~40,5 | 58 | ↓ ca. 30,2 % |
| Streckdehnung εy (%) | ~2,02 | 2,8 | ↓ ca. 27,9 % |
| Bruchspannung σb (MPa) | ~32 | 53 | ↓ ca. 39,6 % |
| Technische Bruchdehnung εtb (%) | 3,5 | 3,4 | ≈ Gleich |
Es lässt sich feststellen, dass die meisten Messwerte im erwarteten Bereich liegen, jedoch etwas schlechter ausfallen als die Angaben im Datenblatt. Dies lässt sich auf mehrere Faktoren zurückführen: Zum einen schwankt die Qualität von 3D-Druckmaterialien und der Druckprozess selbst unterliegt gewissen Ungenauigkeiten. Zum anderen sind die im Datenblatt angegebenen Werte häufig optimistisch und repräsentieren die bestmöglichen Ergebnisse. Außerdem ist erneut zu erwähnen, dass die Datenblattwerte an Spritzgussteilen ermittelt wurden, während die hier repräsentierten Prüfungen mit 3D-gedruckten Bauteilen durchgeführt wurden.
Schlagbiegeprüfung
Anschließend folgte die Schlagbiegeprüfung. Zunächst wurde ein 2 Joule-Hammer verwendet da der kleinstmögliche Hammer, der das Bauteil noch durchschlägt, die besten Werte liefert. Dieser durchschlug nahezu das gesamte Bauteil, lediglich die letzte Schicht blieb intakt. Daher wurde ein stärkerer 5 Joule-Hammer eingesetzt. Doch auch hier konnte die letzte Schicht nicht durchbrochen werden. Bei genauerer Analyse zeigte sich, dass es sich vermutlich um ein drucktechnisches Problem handelt. Eine alternative Druckmethode könnte dieses Verhalten möglicherweise verhindern. In realen Anwendungen stellt diese zusätzliche Schicht vermutlich keinen Nachteil dar, im Gegenteil, sie könnte stabilisierend wirken. Für standardisierte Festigkeitsprüfungen jedoch ist sie problematisch.
Bildmaterial zur Schlagbiegeprüfung mit Scharnierbruch, siehe [Bild 3] und [Bild 4].
Die erarbeiteten Daten [Bild 5] aus dem Schlagbiegeversuch:
Hier ist ein bemerkenswerter Unterschied zwischen den beiden Messergebnissen zu erkennen, da es statt des erwarteten vollständigen Bruchs zu einem Scharnierbruch kam, vermutlich verursacht durch den Schichtaufbau beim 3D-Druck. Das Laborergebnis zeigte eine durchschnittliche Kerbschlagzähigkeit von 14,3 kJ/m², während das Datenblatt von GreenTEC-Pro einen Wert von 4 kJ/m² angibt. Damit liegt der gemessene Wert deutlich höher als der Referenzwert, was sich vermutlich durch den unvollständigen Bruch und die damit verbundene zusätzliche Energieaufnahme erklären lässt.
Es ist eine Wiederholung der Versuche mit veränderter Probenstruktur vorgesehen.
Angepasste Schlagbiegeprüfung
Um die Schlagbiegeprüfung zuverlässiger auf das Bruchverhalten des verwendeten Materials abzustimmen, wurde das Prüfkörperdesign im Slicer gezielt angepasst. Ziel war es, einen vollständigen und sauberen Bruch an der Kerbe zu erzielen, statt eines untypischen Scharnierbruchs durch druckbedingte Verstärkungen in den oberen Schichten.
Zu diesem Zweck wurden unter anderem folgende Änderungen vorgenommen:
- Reduzierung der massiven Schicht an Ober-/Unterseite → Schichtdicke erwies sich als entscheidender Faktor für das Auftreten eines Scharnierbruchs
- Bautteil um 180° gedreht → mit neuer Ausrichtung kann eine dickere Grundschicht beibehalten werden, ohne den Bruchverlauf negativ zu beeinflussen
- Reduzierung des Füllgrades auf 70 % → Vermeidung übermäßiger Materialverdichtung und fördert ein Bruchverhalten
Die genauen Unterschiede finden sich hier:
Tabelle 2:
| Parameter | Vorher | Nachher |
|---|---|---|
| Ausrichtung der Probe | Kerbe nach oben | Kerbe nach unten |
| Top Layer Schichten | 8 Schichten | 1 Schicht |
| Top Layer Schalenstärke | 0,7 mm | 0,2 mm |
| Bottom Layer Schichten | 7 Schichten | 2 Schichten |
| Bottom Layer Schalenstärke | 0,4 mm | 0,5 mm |
| Perimeter | 0,3 mm | 0,1 mm |
| Infill | 100% | 70% |
Zweiter Laborversuch
Erweiterung der Zugprüfung auf Z-Richtungsbelastung
In realen Anwendungen wirken mechanische Kräfte nie nur aus einer einzigen Richtung. Es treten meist Belastungen verteilt und gleichzeitig aus verschiedenen Richtungen auf, wobei sie oft stark in bestimmte und vergleichsweise eher schwach in andere resultieren. Die bislang durchgeführten Zugversuche beschränkten sich auf flach gedruckte Proben, bei denen die Last hauptsächlich in der X- und Y-Richtung aufgenommen wird.
Im weiteren Projektverlauf wurde daher beschlossen, zusätzlich auch hochkant (in Z-Richtung) gedruckte Zugproben [Bild 7] herzustellen und zu prüfen. Diese sollen gezielt die Schichtanhaftung sowie die mechanische Festigkeit in Z-Richtung untersuchen, da diese Richtung im 3D-Druckverfahren häufig eine Schwachstelle darstellt. Durch die Kombination beider Prüfrichtungen (XY und Z) entsteht ein ganzheitlicheres Bild der Materialeigenschaften unter realitätsnahen Belastungsbilder.
Versuchsergebnisse
Nach dem ersten Versuch wurde deutlich, dass die Messergebnisse in ihrer aktuellen Form nur eingeschränkt aussagekräftig sind. Die Prüfteile versagten aufgrund der schwachen Schichthaftung in Z-Richtung sehr plötzlich, wodurch die Traverse der Zugprüfmaschine nicht weit genug fahren konnte um die Festigkeitsdaten des Bauteils zu erfassen. Aus diesem Grund wurde die nominelle Bruchdehnung (auch technische Bruchdehnung) εtb, in die Datenerfassung aufgenommen. Sie ist zwar nicht so präzise wie die tatsächliche Bruchdehnung εb, da sie logarithmisch aus dem Spannungs-Dehnungs-Diagramm errechnet wird, liefert aber eine gute Orientierung bezüglich des Dehnungsbereichs und reicht aus, um Vergleiche zwischen den Probenserien zu ermöglichen. Bei dem Vergleich der beiden Spannungs-Dehnungsdiagramme aus [Bild 2] und [Bild 9] ist dieser Unterschied ebenfalls eindeutig zu erkennen. Bei den Bauteilen die Hochkant gedruckt wurden, ist weder Spannung noch Dehnung ansatzweise so stark ausgeprägt wie bei den Flachgedruckten Bauteilen.
Dies zeigt sich auch an der sehr niedrigen Bruchdehnung von lediglich 0,7 % bis 1,4 %, was auf ein ausgeprägt sprödes Versagensverhalten hinweist. Trotz dieser Einschränkungen sind die vorhandenen Ergebnisse keinesfalls wertlos, denn sie liefern eine grundlegende Referenz für spätere Versuche unter Einfluss von Umweltfaktoren und können als Vergleichsbasis zur qualitativen Bewertung herangezogen werden.
Auffällig ist, dass die letzte Probe deutliche Abweichungen im Vergleich zu den ersten beiden aufweist. Diese Probe wurde mit einem neuen Filament gefertigt, wodurch geringe Unterschiede entstehen können. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass die Daten sich unterscheiden weil ein Knoten im Filament vorlag, was die Druckqualität einzelner Bauteile negativ beeinflusst hat. Während sich dies bei den Zugproben kaum bemerkbar machte, war der Effekt bei einigen Schlagbiegeproben deutlich sichtbar, was sich auch in den späteren Prüfergebnissen widerspiegelt.
Wiederholung Schlagbiegeversuch
Versuchsaufbau und Hintergrund
Für die Wiederholung des Schlagbiegeversuchs wurde erneut ein Pendel mit einem 5 Joule-Hammer verwendet. Im Vergleich zum ersten Versuch kamen diesmal angepasste Proben zum Einsatz, die gezielt so konstruiert wurden, dass sie leichter versagen sollten. Ziel war es, den zuvor beobachteten Scharnierbruch zu vermeiden und stattdessen einen vollständigen Werkstoffbruch zu erreichen.
Trotz dieser Anpassung trat jedoch erneut ein Scharnierbruch auf. Dies bestätigt die Annahme, dass sich 3D-gedruckte Bauteile, insbesondere im FDM-Verfahren, nur eingeschränkt für klassische Schlagbiegeversuche eignen. Der werkstofftypische Faseraufbau sorgt trotz des eher spröden GreenTEC-Pro Materials für eine erhöhte Elastizität und verhindert somit eine vollständige Trennung der Probe unter Schlagbelastung.
Ergebnisse
Die angepasste Schlagbiegeprobe hat im Vergleich zum ersten Versuch deutlich bessere Ergebnisse geliefert und nähert sich den im Datenblatt angegebenen Werten für die Kerbschlagzähigkeit an. Während im Datenblatt ein Wert von etwa 4 kJ/m² genannt wird, konnte im zweiten Versuch eine durchschnittliche Kerbschlagzähigkeit von 9,95 kJ/m² [Bild 10] erreicht werden. Dies zeigt, dass die Modifikationen am Probenkörper eine Verbesserung bewirkt haben. Dennoch wurde der gewünschte vollständige Bruch erneut nicht erreicht – stattdessen trat wieder ein Scharnierbruch auf, was die typischen Schwächen von 3D-gedruckten Proben bei dieser Prüfart bestätigt.
Trotz der Einschränkungen liefert der Versuch wichtige Erkenntnisse über die Energieaufnahme und das Verhalten der Proben unter schlagartiger Belastung. Die gewonnenen Daten sind aussagekräftig genug, um als Vergleichsbasis für die weiteren Versuchsreihen mit äußeren Einflüssen wie Wasser oder Chemikalien verwendet zu werden.

