Abschlussarbeit Stach

Aus Technische Beeinflussbarkeit der Geschmacksache Kaffee
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Entwicklung einer labortechnischen Mehrkreis- und Mehrkessel-Espressomaschine

Verfasser

Kilian Stach, Studiengang Maschinenbau

Einleitung

Archäologische Funde weisen darauf hin, dass die Früchte des Kaffeebaums bereits vor 14000 Jahren in Zentralafrika verzehrt wurden. Als Ursprungsland des Kaffees wird die äthiopische Provinz Kaffa betrachtet. Von hier aus verbreiteten sich die beiden bekanntesten Kaffeesorten Coffea arabica (Arabica-Kaffee) und Coffea canephora (Robusta-Kaffee) auf der ganzen Welt.

Ende des 10. Jahrhunderts lassen sich erste schriftliche Hinweise für die Zubereitung eines Getränks aus Kaffeekirschen finden, das als Heilmittel sowie für spirituelle Zwecke verwendet wurde. Zu Beginn des 12. Jahrhunderts gelangte der erste Kaffee schließlich nach Europa. In den folgenden Jahrhunderten stieg die Kaffeenachfrage stets weiter an und es entstand ein weltweiter Handel, der bis heute anhält [Rich17].

Der erste Kaffee war ein Aufgussgetränk, bei dem zerstoßene Bohnen in heißes Wasser gegeben wurden. Um Kaffeesatz im fertigen Getränk zu vermeiden, wurden im Laufe der Zeit unterschiedliche Filtersysteme für Kaffeekannen entwickelt. In Italien bereitete man Kaffee seit Ende des 19. Jahrhunderts mit Hilfe von Dampfdruck zu. Angelo Moriondo ließ sich hierzu 1884 eine Apparatur patentieren, bei der Wasser in einem Boiler erhitzt und mit dem dadurch entstandenen Dampfdruck Kaffee extrahiert werden konnte [Mori84]. Basierend auf diesem Prinzip entwickelte Luigi Bezzera die erste Siebträgermaschine mit der es möglich war, einzelne Tassen Kaffee herzustellen. Das 1901 erhaltene Patent verkaufte er 1904 an Desiderio Pavoni, der das Modell Ideale herausbrachte und dieses anschließend kontinuierlich weiterentwickelte.

Da bei dieser Zubereitungsart das Wasser bis über den Siedepunkt erhitzt wurde, verbrannten die im Kaffee enthaltenen ätherischen Öle und das Getränk schmeckte bitter. Dieses Überhitzungsproblem umging die Firma Gaggia ab 1946 durch den Bau einer Spannfederkolbenmaschine. Dabei wird zum Vorspannen der Feder ein Hebel betätigt, das aufgeheizte Wasser gelangt in eine Kompressionskammer und wird mit einem Druck von etwa 10 bar durch das Kaffeemehl gepresst, sobald sich die Feder entlastet. Da der Druck von nun an mechanisch aufgebaut werden konnte, war eine starke Erhitzung des Wassers nicht mehr nötig.

Die nächste bedeutende Neuerung in der Historie der Siebträger-Espressomaschine lieferte die Faema E 61. Bei diesem Modell wurde der Druck nicht mehr mit einem Handhebel, sondern über eine Pumpe erzeugt [Vale58]. Ein weiteres Novum dieser Maschine war der Einsatz eines Wärmetauschers, mithilfe dessen das kalte Wasser durch den Heizkessel geführt und dabei auf Brühtemperatur erhitzt wurde. Dieses zweikreisige System ist noch bis heute in vielen Gastronomiemaschinen sowie in hochwertigen Modellen für den Privatgebrauch vorzufinden [Tsan12]. Die Weiterentwicklung der zwei Kreise lieferte La Marzocco 1970 mit der Einführung der Serie GS (Gruppo Saturo). Anstatt das Wasser indirekt über den Heizkessel zu erhitzen, wurden bei dieser Espressomaschine zwei unabhängig voneinander temperierbare Boiler genutzt. Dabei war der eine für die Erhitzung des Brühwassers und der andere für die Erzeugung von Dampf zuständig [SerieGS].

Bis heute werden die Maschinen verschiedenster Hersteller ständig verbessert, um dem Anwender die Handhabung zu erleichtern, die Reproduzierbarkeit des erzeugten Espressos zu erhöhen und seinen Geschmack zu optimieren. So wird beispielsweise bei den Maschinen von Slayer ein spezielles Nadelventil in den Wasserkreislauf integriert, um die Durchflussmenge des Wassers zu begrenzen [Pref14]. In den Geräten von La Marzocco wird das Druckprofil auf den Espresso angepasst, abgespeichert und beim Bezug abgerufen [Strada EP]. Ebenso ermöglicht die Temperatursteuerung und -stablisierung mittels PID-Regelung (proportional integral derivative) die individuelle Anpassung und Kontrolle der Temperaturen in den jeweiligen Kesseln [ECM]. Eine komplette Steuerung und Überwachung ergebnisbeeinflussender Faktoren ist bisher jedoch noch nicht möglich.

Ziel dieser Bachelorarbeit ist daher die Entwicklung eines Prototyps einer labortechnischen Siebträger-Espressomaschine, die als messtechnische Basis für zukünftige Untersuchungen bei der Zubereitung von Espresso dienen soll. Vor allem die Beeinflussung sensorischer Eigenschaften von Espresso durch Variation maschineninterner Parameter kann daran genauer erforscht und die Kaffeezubereitung auf diese Weise weiter optimiert werden. Die Maschine wird mit zwei Kreisen sowie mehreren Boilern ausgestattet und weist damit die gängigen Grundmerkmale einer Espressomaschine im Hochpreissegment auf. Mithilfe umfangreicher Messtechnik können Wassertemperatur, Wasserdruck sowie die Masse eines Espressos erfasst werden.

Da für die vorliegende Arbeit keinerlei Ausgangskonzepte im Labor für Maschinendynamik der Hochschule München zur Verfügung stehen, müssen nach einer ausführlichen Recherchephase grundlegende mechanische, hydraulische, messtechnische und elektronische Entwürfe erstellt und ausgearbeitet werden. Auf dieser Basis werden mechanische Baugruppen wie das Gerüst für die Espressomaschine sowie die Boiler entwickelt und konstruiert. Für die gesamte Messtechnik müssen Messketten und deren Bauteile festgelegt werden, um daraus anschließend Schaltpläne zu entwerfen und die entsprechenden Platinen herzustellen. Gleiches gilt für elektronische Baugruppen, die weitere Funktionen in der Espressomaschine übernehmen. Komponenten, die zugekauft werden können, müssen ebenfalls spezifiziert werden.

Nach der Forschungsphase für den „perfekten“ Espresso soll die Maschine in Zusammenarbeit mit der Kaffeewerkstatt München zur Serienreife weiterentwickelt werden.

Inhaltesverzeichnis

1 Einleitung und Aufgabenstellung
2 Konzeption einer Espressomaschine mit Siebträger
2.1 Konzept zum mechanischen Grundgerüst
2.2 Hydraulisches Konzept
2.2.1 Wasserversorgung und Pumpe
2.2.2 Brühwasserkreis: Vorwärmboiler
2.2.3 Brühwasserkreis: Hauptbrühboiler
2.2.4 Brühwasserkreis: Heißwasserbezug
2.2.5 Brühwasserkreis: Brühgruppen
2.2.6 Dampfkreis
2.2.7 Hydraulische Verbindung der Komponenten
2.2.8 Ventile
2.3 Messtechnisches Konzept
2.3.1 Konzeption der Messkette
2.3.2 Messung der Temperaturen
2.3.3 Messung der Drücke
2.3.4 Messung der Gewichte
2.4 Elektrisches Konzept
2.4.1 Steuerung – Raspberry Pi 3
2.4.2 Steuerung – Relaisplatine
2.4.3 Herstellung der Platinen
2.4.4 Heizelemente
2.4.5 Elektrische Sicherheit und Berührschutz
2.4.6 Stromversorgung
3 Entwicklung des Prototyps einer labortechnischen Espressomaschine
3.1 Konstruktion mechanischer Grundgerüste
3.1.1 Konstruktion eines Gehäuses für die labortechnische Espressomaschine
3.1.2 Konstruktion eines externen Gerüsts für die elektronischen Komponenten
3.2 Entwicklung der hydraulischen Komponenten
3.2.1 Entwurf der Boiler in der Espressomaschine
3.2.1.1 Auslegung der Materialstärken sowie der Schweißnähte
3.2.1.2 Festigkeitsnachweis der Boilerkomponenten sowie der Schweißnähte
3.2.1.3 Aufheizzeiten der Heizelemente
3.2.1.4 Technische Prüfung der Boiler
3.2.2 Modifikation der E61-Brühgruppe
3.2.3 Modifikation des Siebträgers
3.2.4 Absicherung der Boiler
3.3 Messtechnik in der labortechnischen Espressomaschine
3.3.1 Aufbau der Messketten für die Messplatinen
3.3.2 Temperaturmessung
3.3.2.1 Temperaturmessplatine
3.3.2.2 Widerstandsthermometer Pt-100
3.3.2.3 NTC-Temperatursensor 1K2A1B
3.3.2.4 Präzisions-Temperatursensor TS-NTC-833
3.3.2.5 Kalibrierung der Temperatursensoren
3.3.3 Druckmessung
3.3.3.1 Gehäusekonstruktion der Drucksensoren
3.3.3.2 Elektronische Auslegung der Drucksensoren
3.3.4 Entwicklung der Wägeeinheit
3.3.4.1 Mechanische Auslegung der Wägeeinheit
3.3.4.2 Kräfte in der Wägezelle
3.3.4.3 Zusatzlagerung der Tassenauflage
3.3.4.4 Elektronischer Aufbau der Wägeeinheit
3.4 Elektronik in der labortechnischen Espressomaschine
3.4.1 Übersichtsschaltplan der Espressomaschine
3.4.2 Spannungsversorgungen
3.4.2.1 Stabilisierte 5 V-Spannungsversorgung
3.4.2.2 Symmetrische Spannungsversorgung
3.4.3 Raspberry Pi
3.4.4 Erweiterung der GPIOs des Raspberry Pis
3.4.5 Füllstandsüberwachung
3.4.6 Relaisplatine
3.4.7 Steuern und Regeln
3.4.8 Herstellung der Platinen
4 Beschreibung des Versuchsaufbaus
5 Ergebnisse
6 Interpretation
7 Ausblick
8 Abgeleitete To-do-Liste


Dateien

Datei:BA labortechnische Espressomaschine.pdf