Nichtmetallische Werkstoffe

Aus Technische Beeinflussbarkeit der Geschmacksache Kaffee
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Kupfer, Messing, Stahl, Plastik und Glas - Werkstoffe für die Espressomaschine
Teil 2 - nicht metallische Werkstoffe

Schaut man sich eine Espressomaschine an oder gar in sie hinein, dann besteht sie aus unzähligen einzelnen Bauteilen, die aus gefühlt ebenso vielen unterschiedlichen Materialen hergestellt werden. Da kommt man schon ins Grübeln ob das alles dem Geschmack förderlich oder gar für die Gesundheit schädlich ist.

Plastik (eigentlich Kunststoff) - Werkstoff mit vielfältigen Möglichkeiten

Das durch die PET-Flasche geprägte Image von Plastik lässt erst einmal nichts Gutes bei der Verwendung von Kunststoff in der Espressomaschine annehmen. Auch die Namensgebung vieler technischer Kunststoffe wie zum Beispiel Polyvinylidendifluorid (PVDF) ist nicht zur Vertrauensbildung geeignet. Eine solche, kaum auszusprechende, grauenhafte Namensgebung für einen Werkstoff kann nichts Gutes bedeuten. Unter Chirurgenstahl kann auch der Laie sich etwas vorstellen und den so bezeichneten Werkstoff als gesundheitlich unbedenklich einordnen. Aber nicht alles was übel klingt ist übel. Bestes Beispiel dazu ist die chemisch korrekte Bezeichnung Dihydrogenmonoxid, womit nichts anderes als Wasser - H2O - gemeint ist. Für die meisten technischen Kunststoffe gibt es leider keine griffige und allgemeinverständliche Bezeichnungen.

An unser größtes Organ, die Haut, lassen wir ja bekanntlich nur Wasser, also Dihydrogenmonoxid, und Seife heran. Wir decken es zum Wetterschutz mit allerlei hautverträglichen Materialien ab. Darunter die Naturmaterialien Schafswolle, Seide, Baumwolle oder Leder. Aber auch aus Kunstfasern hergestellte Stoffe wie Nylon, was als erstes für Zahnbürsten eingesetzt wurde, Polyester (übrigens PET), Sympatex, Texapore, Gore Tex und wie sie sonst sich noch alle nennen, kommen auf die Haut. In der Küche wird das Schnitzel in der (Teflon)beschichteten Pfanne fettfrei gebraten und selbst wenn man beim Arzt eine Spritze bekommt ist diese aus Kunststoff.

Was hindert also daran Kunststoffe auch in der Espressomaschine zu verwenden?

Nichts, nur es funktioniert halt nicht jedes Plastik und mit Cadmium gefügig (weich)gemachte Kunststoffe haben im Wasserkreislauf der Espressomaschine ganz und gar nichts zu suchen!

Gegen die Verwendung von Polyamid (PA) handelsüblich als Nylon bezeichnet, Polytetrafluorethen (PTFE), handelsüblich Teflon, dem Grundwerkstoff von Gore Tex, Polyvinylidendifluorid (PVDF) und weiteren Kunststoffen ist nichts einzuwenden. Alle verfügen über sehr umfangreich getestete Nachweise zur Lebensmittelverträglichkeit und haben zum Teil auch klinische Tests bestanden. Grausam an ihnen sind die technischen/chemischen Bezeichnungen, daher bleiben wir doch lieber bei den Handelsnamen oder den Abkürzungen.

Alle hochwertigen Kunststoffe weisen eine sehr geringe Wärmeleitfähigkeit und Wärmeaufnahme auf. Dies macht sie zu geeigneten Werkstoffen für die Leitung von heißem Wasser. Es erfolgt keine oder nur eine sehr geringfügige Wärmeabfuhr, welches im Endergebnis zu sehr stabilen Temperaturverhältnissen und Regelbarkeit der Wassertemperaturen führt. Eine Brühgruppe aus hochwertigem Kunststoff muss nicht aufgewärmt werden, denn sie kühlt das Kaffeewasser nicht ab.

Während Metalle sich irgendwann durch Oxidation in ihre Grundbestandteile aufspalten, verrotten Kunststoffe nicht. Im Gegensatz zu Metallen, geben sie auch nichts von ihren Bestandteilen an das Wasser ab. Nachteilig bei Kunststoffen ist die geringere mechanische Belastbarkeit. Allerdings ist dies in vielen Anwendungen auch gar nicht erforderlich. Metallische Bauteile sind oft erheblich mechanisch überdimensioniert.

Teflon ist ein gängiger Werkstoff zur Herstellung von Dichtungen und Dichtungsmaterialen. Kaum eine Espressomasschine in der nicht Teflon-Dichtungen verwendet werden. Teflon ist extrem glatt. Kalk oder andere Verunreinigungen des Wassers haben keine Chance zur Ablagerung. Selbst die besten Klebstoffe haften nicht an Teflon. Will man Teflon kleben, und auch andere Kunststoffe, dann muss über einen Aktivator für einen begrenzten Zeitraum der Kunststoff zum Kleben aktiviert werden.

Nahezu grenzenlose Gestaltungsmöglichkeiten für Bauteile bietet Nylon. Es wird als PA12 im 3D-Druck bei unterschiedlichen Druckverfahren eingesetzt, die jedoch nicht alle über einen Nachweis der Lebensmitteltauglichkeit verfügen. Erste 3D-gedruckte Siebträger befinden sich in der Erprobung. Siebträgeraufnahmen im 3D-Druck sind kostengünstiger als das Pendant aus verchromten Messing, ohne dabei auf mechanische Beständigkeit verzichten zu müssen.

Eins der größten Ärgernisse, bis hin zur Unappetitlichkeit, sind die Rückstände, die der Kaffee in der Espressomaschine hinterlässt. Der Espressobezug verschmutzt durch die Kaffeeöle alles was mit ihm in Berührung kommt. Da Metalle sehr afin zu Wasser und Ölen sind, bleibt auch besonders viel davon an ihnen haften. Kommt noch Hitze hinzu, was bei Brühgruppen üblich ist, dann verdunstet der Wasseranteil und zurück bleibt ausgehärteter Kaffeesatz, der sich nur durch Einsatz der chemischen Keule wieder beseitigen lässt. Anders ist dies bei der sogenannten kalten Brühgruppe. Diese verfügt über einen Kunststoffeinsatz aus PVDF, einem teflonähnlich glatten Kunststoff. Da die Brühgruppe nicht aufgeheizt werden muss, verdunstet hier kein Kaffeewasser, es bleibt erst gar kein Kaffeewasser hängen. Ordentliches Durchspülen reicht aus, um eine gute Reinigung zu erreichen. Der Einsatz agressiver Reiniger reduziert sich hierbei erheblich. Erste Exemplare dieser Brühgruppe befinden sich derzeit in Versuchsaufbauten.

Glas - der eleganteste Werkstoff

Glas als Werkstoff für Bauteile einer Espressomaschine? Das passt erst einmal nicht in das technische Verständnis. Glas ist ein spröder, gerne schnell zerbrechender, mechanisch wenig belastbarer Werkstoff. Gut, man könnte natürlich Gehäuseflächen aus Glas verwenden. Auch anstelle polierter Edelstahlflächen könnte man sich Spiegel vorstellen und Abdeckungen oder Sichtfenster aus Glas sind denkbar. Aber richtige technische Bauteile aus Glas? Undenkbar!

Glas ist nicht gleich Glas. Es gibt unterschiedliche Glaswerkstoffe, denen wir täglich begegnen. Das fängt in der Küche an, dort finden wir die Glastüre des Backofens ebenso wie die Glasfläche auf dem Herd. Auf der Fahrt mit dem Auto oder öffentlichen Verkehrsmittel geht es weiter, hier schauen wir durch Fenster, welche teilweise als tragende Flächen der Fahrzeugkarosserie ausgeführt sind.

Eine nur geringfügige Unachtsamkeit lässt allerdings das schöne Wasserglas zu einem Scherbenhaufen werden. Was aufzeigt, dass Gebrauchsglas und technisches Glas zweierlei ist.

Technisches Glas, Borosilikatglas wird industriell als Rohrstück eingesetzt, um den Durchfluss in Leitungsrohren visuell beobachten zu können und findet Anwendung in den Glasgeräten der chemischen Labore. Das gleiche Glas kommt im Haushalt als Einmachgläser, Aufbewahrungsgläser und als Glasgeschirr für die Mikrowelle zum Einsatz. Es hat eine sehr gute chemische Beständigkeit gegenüber Wasser und Chemikalien und ist unempfindlich gegenüber plötzlichen Temperaturschwankungen. Doppelwandig eingesetztes Glas ist ein guter Isolator.

Erste Betriebs- und Milchaufschäumversuche an einem Borosilikatglasboiler wurden 2020 im Labor für Maschinendynamik der Hochschule München erfolgreich durchgeführt. Der Borosilikatglasboiler wurde konstruktiv in mehreren Volumina ausgelegt und als 1,5 Liter Variante als Versuchsaufbau realisiert.

Der bereits während der Konstruktion geführte theoretische Nachweis, dass es während der Aufheizphase des Boilers nicht zum Platzen des Glaszylinders kommen wird, konnte bestätigt werden. Thermische Schockversuche stehen allerdings noch aus. Das Aufheizverhalten des Borosilikatglasboilers ist mit dem Aufheizverhalten jedes aktuellen Wasserboilers von Zweikreis-Espressomaschinen vergleichbar. Die Erstaufheizphase benötigt bis zur Betriebsbereitschaft mit 1300 mbar ca. 600 s (10 Minuten). Nach zwei Stunden Abkühlungszeit beträgt die Wiederaufheizzeit 270 s (4 1/2 Minuten). Allerdings kann beim Versuchsaufbau die Wärme nach oben entweichen, da der Zwischenraum zwischen den beiden Glaszylindern nach oben nicht abgedichtet ist.